"Alles blauer Dunst?! - Zigarrenindustrie im Gießener
Raum" - Ausstellung an historischer Stätte in der Brandsburg in Alten-Buseck
eröffnet
BUSECK (as). "Alles blauer Dunst?! - Zigarrenindustrie im
Gießener Raum." Unter diesem Namen wurde am Samstag in der Alten-Busecker Brandsburg
eine Ausstellung über die Zigarrenherstellung eröffnet. Sie ist "auf historischem
Boden" zu sehen, bemerkte bei der Eröffnung Bürgermeister Erhard Reinl. Die
Ausstellung findet im ehemaligen Fabrikgebäude der Brandsburg statt, "das hier als
Zigarrenfabrik bestens bekannt ist".
Natürlich nicht nur in Alten-Buseck wurden einst Zigarren hergestellt. Öffnet man den
Ausstellungskatalog, der vom Oberhessischen Geschichtsverein herausgegeben wurde, so
findet man dort einige Bilder der Fabriken und Fabrikräume oder der früheren
Belegschaften aus Heuchelheim, Großen-Buseck, Daubringen, Rodheim, Waldgirmes,
Reiskirchen, Londorf, Garbenteich und natürlich Gießen. Kreisarchivarin Sabine Raßner
sagte, die Zigarrenfabrikation sei ein ganz wichtiger Wirtschaftsfaktor im Raum Gießen
bis tief in das 20. Jahrhundert hinein gewesen. 1850 hatten noch rund 200 Arbeiter in
der Zigarrenindustrie gearbeitet. "Nur neun Jahre später waren es schon etwa 1500,
und während des Höhepunktes der Fabrikation in den 30er Jahren sollen mehrere tausend
Menschen in dieser Branche gearbeitet haben", sagte Raßner.
Zahlreiche Hersteller wie Emmelius, Noll, Gail, Frey, Rinn & Cloos, Georgi, Klingspor,
Schirmer, Ackermann, Haubach, Formhals oder Henkel sind in der Region Gießen präsent
gewesen. Dabei habe es größere und kleinere Betriebe gegeben, wovon sich manche besser
am Markt behaupten konnten, "so dass es im Laufe der Jahre viele geschäftliche
Erfolge aber auch Pleiten oder Fusionen gab". Die Gründung der ersten
Rauchtabakfabrik in Hessen sei ziemlich zufällig im Jahr 1812 zustande gekommen.
"Als auf Druck Napoleons in dem Großherzogtum Berg, zu dem auch Dillenburg gehörte,
das staatliche Monopol auf Tabak eingeführt wurde und die Tabakvorräte des Kaufmanns
Georg Philipp Gail beschlagnahmt wurden, fing er einen Rohtabaktransport ab, der für
seine Dillenburger Tabakfabrikation bestimmt war, und lenkte ihn nach Gießen um, denn
Gießen lag im Großherzogtum Hessen und das war monopolfrei", berichtete Raßner.
Erst als die Popularität der Zigarre abnahm und die Zigarette ihren Siegeszug begann,
verschwand nach und nach "einst florierende Zigarrenfabrikation aus der Region
Gießen". Das Gießener Adressbuch nennt 1913 noch 25 Fabrikationsstätten, 1954
seien es nur noch acht, 1968 lediglich drei Fabriken gewesen.
Bezeichnend ist, dass die Ausstellung am "Tag der Archive" eröffnet wurde, denn
es waren die Archivare, die sie vorbereiteten. Beteiligt waren dabei neben dem Kreisarchiv
die Archive Biebertal, Buseck, Freienseen, Heuchelheim, Hüttenberg, Langgöns, Laubach,
Linden, Pohlheim, Rabenau, Reiskirchen und Staufenberg. Das Material, das auf 19
Schautafeln präsentiert wird, stammt auch zum großen Teil aus den Archiven. Es sind aber
auch viele Materialien aus Privatbesitz zur Verfügung gestellt worden.
"Alles blauer Dunst?! - Zigarrenindustrie im Gießener Raum" ist bis zum
9.Oktober montags bis mittwochs sowie freitags und samstags von 15 bis 17 Uhr, donnerstags
von 15 bis 20 Uhr und sonntags von 14 bis 17 Uhr geöffnet.
Giessener Anzeiger